Zum Ende des Jahres 2023 wird der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent angehoben. Die Branche warnt vor möglichen Schließungen und steigenden Preisen. Das ZEW, das Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut, sieht jedoch keine Begründung für eine dauerhafte Subventionierung.
Inhaltsübersicht
ZEW-Studie: Ökonomisch und sozial sinnvolle Anpassung
Die Forscher des ZEW halten die Rückkehr zum Mehrwertsteuersatz von sieben auf 19 Prozent im Gastronomiebereich für ökonomisch sinnvoll – und sozial gerecht. Sie warnen vor erheblichen Steuerausfällen in Milliardenhöhe im Falle einer dauerhaften Reduzierung der Mehrwertsteuer.
Friedrich Heinemann, Experte des ZEW, argumentiert: “Mit dem Ende der Pandemie ist die ursprüngliche krisenbezogene Begründung für die Sieben-Prozent-Besteuerung von Speisen in Restaurants hinfällig.”
Auswirkungen auf den Gastronomiesektor
Speisen zum Mitnehmen, aus dem Supermarkt oder bei Lieferung werden mit sieben Prozent besteuert. Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu unterstützen, wurde der Steuersatz für Speisen im Restaurant von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Diese Regelung wurde aufgrund der Energiekrise mehrfach verlängert, zuletzt bis Ende dieses Jahres.
Branchenvertreter protestieren vehement gegen das Auslaufen dieser Änderung Ende 2023. Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) warnt: “Bei einer Steuererhöhung würden weitere 12.000 Unternehmen ihr Geschäft aufgeben.” Auch Preissteigerungen von durchschnittlich 18,2 Prozent sowie ein Rückgang der Umsätze und der Beschäftigung werden befürchtet.
Kosten der reduzierten Mehrwertsteuer
Gemäß den Berechnungen des ZEW führt der verringerte Steuersatz zu jährlichen Steuerausfällen von derzeit gut drei Milliarden Euro. Diese Kosten würden mit dem nominalen Umsatzwachstum (inklusive Preiserhöhungen) der Branche stetig ansteigen. Für das kommende Jahrzehnt wären Gesamtkosten von etwa 38 Milliarden Euro zu erwarten, die durch höhere Steuern an anderer Stelle oder Ausgabenkürzungen kompensiert werden müssten.
Politische Diskussion über die Mehrwertsteuer
Aktuell wird in der Koalition eine Verlängerung des ermäßigten Steuersatzes diskutiert. Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, den Verzehr von Speisen in Restaurants dauerhaft mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, fand kürzlich im Bundestag keine Mehrheit.
Laut dem ZEW begünstigt der reduzierte Steuersatz eher wohlhabende und kinderlose Haushalte, da sie im Durchschnitt mehr für Restaurantbesuche ausgeben. “Stichhaltig könnten die Argumente für einen ermäßigten Steuersatz hingegen möglicherweise für die gastronomische Versorgung von Schulen und Kindergärten sein”, betont die Analyse. Hier spricht nicht nur die gezieltere Unterstützung ärmerer Haushalte dafür, sondern auch der Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft.
Preiserhöhungen: Eine plausible Annahme?
Die Befürchtung, dass Restaurants bei einer Rückkehr zum 19-Prozent-Satz die Preise in vollem Umfang der Steuersatzdifferenz erhöhen würden, erscheint aus Sicht des ZEW nicht plausibel. “Schließlich hat die Branche trotz der Steuerermäßigung erhebliche Preiserhöhungen durchgesetzt, und die Preise für Strom und Gas sind wieder rückläufig”, argumentiert Heinemann. “Die Post-Pandemie-Zeit bringt der Gastronomie wie auch anderen Branchen einen weiteren Strukturwandel, der keine Rechtfertigung für eine dauerhafte Subventionierung bietet”, fügt ZEW-Expertin Katharina Nicolay hinzu.