Seit Anfang November gibt es in Deutschland einen erneuten Lockdown, um die ständig steigenden Corona-Fallzahlen wieder in den Griff zu bekommen. Unternehmer und Soloselbstständige sollen weitere Finanzhilfen vom Staat erhalten, um die finanziellen Folgen der Krise abmildern zu können. Welche Hilfen es gibt und wie Sie diese beantragen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhaltsübersicht
Was ist der November-Lockdown und wer ist im Kern betroffen?
Kern des November-Lockdown sind harte Kontaktbeschränkungen, etwa in der Gastronomie und anderen Freizeiteinrichtungen sowie im Privaten. Nach aktuellem Stand dürfen sich nur noch Angehörige des eigenen und eines weiteren Hausstandes mit maximal zehn Personen gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten. Zudem gibt es Schließungen, vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe. Auch andere Unternehmen sind vom Lockdown-Light betroffen. Die Maßnahmen gelten vorerst bis Ende November. Mitte des Monats sollen die erreichten Ergebnisse beurteilt und ggf. Anpassungen vorgenommen werden.
Neue Wirtschaftshilfe für Unternehmer und Selbstständige
Um Unternehmen finanziell zu entlasten und vor Pleiten zu schützen, hat die Regierung eine neue außerordentliche Wirtschaftshilfe (auch: Novemberhilfe) für Unternehmen und Soloselbstständige beschlossen.
Wie Hoch ist die Förderhöhe der außerordentlichen Wirtschaftshilfe?
Die Förderhöhe der außerordentlichen Wirtschaftshilfe hängt von der Größe des Unternehmens ab. Bei Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern soll sich die Entschädigung für den Umsatzausfall auf bis zu 75 Prozent des erwirtschafteten Umsatzes des Vorjahresmonats belaufen. Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern erhalten 60 Prozent des Vorjahresumsatzes erstattet. Grund hierfür ist das EU-Beihilferecht, das Hilfszahlungen enge Grenzen setzt.
Aufgrund der Kleinbeihilferegelung der EU müssen die Novemberhilfen bei 1 Mio. Euro für einen Betrieb gedeckelt werden, was vor allem Systemgastronomie, Betreiber mehrerer Hotels und Filialisten betrifft. Hintergrund ist, dass Zuschüsse über 1 Mio Euro der Genehmigung der EU-Kommision bedürfen. Es wird aber an einer Lösung „Novemberhilfe plus“ gearbeitet, die die Auszahlung höherer Hilfen möglich machen soll. Der Stand hierzu ist noch offen.
Insgesamt stellt Deutschland für die neuen Finanzhilfen bis zu 10 Mrd. Euro bereit. Diese sollen den Haushalt nicht weiter belasten, sondern werden aus den noch nicht abgerufenen Mitteln der Überbrückungshilfe II genommen. Wichtig: Bereits beanspruchte Fördermaßnahmen wie Kurzarbeitergeld und Überbrückungsgelder sollen bei den neuen Fördergeldern angerechnet werden. Reine Liquiditätshilfen, wie z. B. rückzahlbare KfW-Kredite, werden nicht angerechnet.
Wer ist antragsberechtigt um die Wirtschaftshilfe zu erhalten?
Antragsberechtigt sind nach derzeitigem Stand Unternehmen, Selbstständige, Vereine und andere Einrichtungen, denen auf Grund der staatlichen Anordnung das Geschäft untersagt ist. Die Fördermaßnahme soll als einmalige Kostenpauschale ausgezahlt werden. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Fördermittel ist der durchschnittliche wöchentliche Umsatz des Monats November 2019. Bei Unternehmen, die später gegründet worden sind, wird der durchschnittliche Wochenumsatz im Oktober 2020 oder der durchschnittliche Wochenumsatz seit der Gründung als Berechnungsgrundlage hinzugezogen.
Solo-Selbstständige, wie z. B. Künstler, können hierbei wählen. Ihre beantragten Hilfszahlungen bemessen sich entweder am wöchentlichen Umsatz des November 2019 oder am durchschnittlichen Wochenumsatz des Jahres 2019. (dies ist für Unternehmen von Vorteil, die im Monat November eher geringe Umsätze erzielen)
Anrechnung von Umsätzen im Monat November (z. B. durch Lieferdienste)
Einige Betriebe haben trotz Schließung im November die Möglichkeit, in diesem Monat Umsatz zu machen. Dies kann beispielsweise bei Hotels der Fall sein, die Geschäftsreisende beherbergen. Auch diese Unternehmen können die außerordentliche Wirtschaftshilfe beantragen. Für sie gilt allerdings grundsätzlich, dass sie im November 2020 maximal 25 Prozent des Novemberumsatzes 2019 erzielen dürfen. Umsatz, der darüber liegt, wird auf die Förderung angerechnet.
Für Restaurants, die ihre Speisen und Getränke per Lieferservice oder zum Mitnehmen anbieten, gilt hierbei eine Sonderregel: Für sie gibt es die Umsatzerstattung bis zu 75 Prozent nur auf diejenigen Vorjahresumsätze, die dem vollen Mehrwertsteuersatz unterlagen – also auf die Umsätze, die im November 2019 durch im Restaurant verzehrte Speisen und Getränke erzielt wurden. Umsätze, für die der reduzierte Umsatzsteuersatz galt, werden herausgerechnet – also Umsätze, die mit außerhalb des Restaurants verzehrten Speisen gemacht wurden.
Im Gegenzug können Restaurants mit ihrem Außerhausverkauf im November 2020 auch mehr als 25 Prozent des Novemberumsatzes 2019 erzielen, ohne dass dieser mehr erzielte Umsatz auf die Förderung angerechnet wird. Damit soll eine Ausweitung des Geschäfts über Lieferdienste oder “To-Go” begünstigt werden.
Beispiel: Ein Steakhaus erzielte im November 2019 12.000 Euro Umsatz durch Speisen und Getränke, die im Restaurant verkauft wurden. Dazu kamen Umsätze in Höhe von 4.000 Euro durch Außerhausverkauf. Das Steakhaus erhält daher 9.000 Euro außerordentliche Wirtschaftshilfe bzw. Novemberhilfe (75 Prozent von 12.000 Euro) – und damit etwas weniger als andere Branchen (diese erhalten ja 75 Prozent des Vergleichsumsatzes). Dafür kann das Steakhaus im November 2020 deutlich mehr als die grundsätzlich zulässigen 4.000 Euro (25 Prozent von 16.000 Euro) an Umsatz mit Lieferdiensten erzielen, ohne dass die Förderung gekürzt wird.
Auch indirekt Betroffene Unternehmen sollen entschädigt werden
Die Bundesregierung will sowohl direkt als auch indirekt Betroffene entschädigen. Zu den direkt Betroffenen gehören z. B. Gaststätten und Hotels; hier dürfte es keine Probleme mit der Identifikation geben.
Indirekt Betroffene könnten z. B. Wäschereien oder Reinigungskräfte von geschlossenen Hotels oder Restaurants sein. Ist die Wäscherei beispielsweise fast ausschließlich für Restaurants und Hotels aktiv, ist auch hier die Zuordnung eher einfach. Haben die Reinigungskräfte noch mehrere andere Kunden, könnte es zu Problemen mit den Abgrenzungen kommen.
Antragsberechtigt sollen daher Unternehmen sein, die “nachweislich und regelmäßig” mindestens 80 Prozent ihres Umsatzes durch Geschäftsbeziehungen zu direkt Betroffenen erzielen. Indirekt betroffene Betriebe können 75 Prozent der Umsätze geltend machen, die sie mit den direkt betroffenen Unternehmen erzielen. Dennoch dürfte eine Abgrenzung in vielen Fällen schwierig werden, sodass damit gerechnet werden muss, dass viele Fälle zur Klärung vor Gericht landen.
Wie beantragt man die außerordentliche Wirtschaftshilfe?
Wie beim Überbrückungsgeld II müssen Unternehmen, Selbstständige und andere betroffene Einrichtungen die außerordentliche Wirtschaftshilfe über einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder einen Anwalt beantragen. Bei Soloselbstständigen gilt eine Vereinfachung: Bis zu einer Summe von 5.000 Euro können sie die Hilfen selbst beantragen, d. h. ohne ohne die Einschaltung von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder Anwälten.
Über die konkrete Umsetzung wird in den kommenden Wochen entschieden. Spätestens bis Ende des Monats sollen die Gelder fließen. Außerdem ist geplant, Abschlagszahlungen zu leisten, um besondere Härten zu vermeiden.
Die Anträge können voraussichtlich ab Mitte November über dieselbe Plattform gestellt werden, über die auch die Überbrückungshilfen beantragt werden: www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de
Weitere Fördermaßnahmen
Beantragung von Überbrückungsgeld II und Kurzarbeitergeld sind weiter möglich. Unternehmen können außerdem weiter Fördermaßnahmen wie Überbrückungsgeld II und das verbesserte Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen. Die Frist für die Beantragung von Überbrückungsgeld II endet am 31. Dezember 2020. Weiterführende Informationen zum Überbrückungsgeld finden Sie in diesem Fachartikel. Kurzarbeitergeld nach den neuen Regelungen kann bis Ende 2021 beantragt werden. Weiterführende Informationen zum Kurzarbeitergeld finden Sie in diesem Fachartikel. Über die Möglichkeit, auch einen fiktiven Unternehmerlohn bei den Kosten im Rahmen der Überbrückungshilfe II anzusetzen, soll in den kommenden Wochen entschieden werden.
Weitere Hilfen und Überbrückungsgeld III ab Januar 2021
Der KfW-Schnellkredit soll künftig auch kleinen Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern und Soloselbstständigen zur Verfügung gestellt werden. Diese können dann Schnellkredite in Höhe von bis zu 300.000 Euro beantragen, abhängig vom im Jahre 2019 erzielten Umsatz. Es gilt hierbei das Hausbankprinzip, d. h. der Antrag muss über die Hausbank gestellt werden. Diese ist zu 100 Prozent von der Haftung befreit.
Darüber hinaus sollen die Überbrückungshilfen für den Zeitraum Januar bis Juni 2021 verlängert und die Konditionen verbessert werden (= Überbrückungshilfe III). So sollen künftig auch Soloselbstständige und Betriebe der Kultur und Veranstaltungswirtschaft noch einfacher an finanzielle Hilfen kommen. Die Details hierfür werden aber noch ausgearbeitet.
Quelle: Haufe Online Redaktion